Die „Swiss-American Society for Cultural Relations“ (SASCR)
Es gibt nicht nur orthodoxe Kulturdiplomatie von Karrierediplomaten, die dem Landesinteresse dienen. Immer wieder leisten private Organisationen einen Beitrag und unterstützen die offizielle Diplomatie. In solchen Fällen könnte man von einer heterodoxen Kulturdiplomatie sprechen. Die Swiss-American Society for Cultural Relations (SASCR) ist eine der Organisationen, die eine unterstützende und fördernde Rolle für die kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen spielen – hier zwischen der Schweiz und den USA.
Die SASCR entsteht im Januar 1940 auf Initiative von Paul Ganz, Professor für Kunstgeschichte an der Universität Basel und Mitglied des Stiftungsrates von Pro Helvetia. In ihrem inneren Kreis finden sich Persönlichkeiten aus dem akademischen Umfeld wie der Theologe Emil Brunner und die Historiker Karl Meyer und Max Silberschmidt, aus reformierten Kreisen wie der Pfarrer Adolf Keller, Generalsekretär des Bureau central européen d’aide œcuménique in Genf, sowie hauptsächlich aus der Wirtschaft. Zu letzteren gehören der Unternehmer Hans Sulzer, ehemaliger Schweizer Minister in Washington und während des Krieges Präsident der Eidgenössischen Kommission zur Überwachung der Ein- und Ausfuhren, sowie Albert Masnata, Direktor des Lausanner Sitzes der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung und Präsident der neuen Schweizer Filmkammer.
Ziel ist es, die wirtschaftlichen und kulturellen Kontakte zwischen den beiden Schwester-Demokratien
zu vertiefen, ohne sich dabei auf die offiziell an die Neutralität gebundenen Bundesbehörden stützen zu müssen. In einem im Dezember 1939 an Bundesrat Giuseppe Motta adressierten Schreiben unterstreicht Paul Ganz das aus seiner Sicht für die Schweiz zentrale Anliegen, das Ansehen des Landes bei möglichst vielen Amerikanern zu festigen. Die SASCR sieht vor, sich auf die parastaatlichen Strukturen der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung, die Filialen der SBB in den USA, das Auslandschweizer-Sekretariat und Pro Helvetia abzustützen. Ab 1943 stösst das Institut für Auslandforschung dazu, das von Eduard Fueter, einem Mitglied der SASCR, geleitet wird.
Das Wirken der SASCR folgt der liberalen Doktrin der Eigeninitiative und setzt gleichzeitig auf den Patriotismus. In ihrem ersten Arbeitsprogramm erwähnt die SASCR die Entsendung von Schweizer Wissenschaftlern auf Konferenzreisen in die USA, die Veröffentlichung von Artikeln über die Schweiz in der amerikanischen Presse – basierend auf den Informationen der Schweizerischen Zentrale für Handelsförderung, der SBB oder anderer wirtschaftlicher Organisationen – sowie die Kontaktpflege mit den in den USA lebenden Schweizern. Ab 1943 erweitert die SASCR ihre Tätigkeiten mit der jährlichen Veröffentlichung eines Werks zu einer politischen oder kulturellen Thematik und der Organisation einer Ausstellung von Kunstbüchern in der Nationalbibliothek in Washington (1943-1944). Die SASCR wurde 2008 aufgelöst. (mg)
Literaturhinweise
GILLABERT Matthieu, La « Swiss Attitude » au contact américain. Évolution d’une présence culturelle, in Traverse : revue d’histoire, 2009/2, p. 73-84.
CATTANI Alfred, Ein Fenster in die Welt. Die Tätigkeiten der American Swiss Foundation, NZZ, 12 juil. 2004, p. 24