Kultur und Bildung für den Frieden

par Pauline Milani

Pauline Milani est historienne. Après une thèse sur la politique culturelle de la Suisse à l'étranger, elle travaille maintenant sur les artistes femmes du XIXème siècle. Elle enseigne à l'Université de Fribourg et à UniDistance.

„Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.“ Diese 1946 in der Präambel der Gründungsakte der UNESCO, der UNO-Agentur für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, platzierten Worte haben programmatische Bedeutung. Die neue Organisation weckt zahlreiche Hoffnungen. Am Ende des Zweiten Weltkriegs strebt man nach einer neuen Weltordnung, in der die Kultur den Frieden zwischen den Völkern fördern soll.

Die Schweiz ist zu diesem Zeitpunkt nicht Mitglied der UNO (sie wird es erst 2002), aber die UNESCO weckt sehr rasch ihr Interesse. Für das kleine Land, das gerade versucht, aus der relativen Isolation der Nachkriegszeit auszubrechen, stellt die UNESCO eine Gelegenheit dar, die es wahrzunehmen gilt. So schreibt der Bundesrat in einer Botschaft vom 20. August 1948, „[…] unser Land würde sich politisch und geistig isolieren, wenn es eine Teilnahme an einer internationalen Organisation ablehnte, deren Ziele so offensichtlich im Einklang mit denjenigen stehen, die es selbst auf nationaler Ebene und in seinen Beziehungen mit den anderen Ländern zu erreichen versucht.“

Jean-Rudolf von Salis, Professor an der ETH Zürich und künftiger Präsident von Pro Helvetia, hinterlegt das Beitrittsgesuch während der ersten Generalkonferenz vom 20. November bis am 10. Dezember 1946 in Paris. Formell wird die Schweiz 1949 Mitglied der UNESCO.

Zahlreiche Schweizer Persönlichkeiten arbeiten für die UNESCO. So findet man im Exekutivrat den Pädagogen Jean Piaget (1950 bis 1954), den Diplomaten und Schriftsteller Bernard Barbey (1964 bis 1970,) die Philosophin Jeanne Hersch (1970 bis 1972) sowie den ehemaligen Generalsekretär der Schweizerischen UNESCO-Kommission und künftigen Botschafter Charles Hummel (1976 bis 1980).

Um eine Verbindung zwischen der internationalen Organisation und den in der Schweiz in Bildung, Wissenschaft und Kultur aktiven Kreise herzustellen, wird 1949 die Schweizerische UNESCO-Kommission ins Leben gerufen, die bis heute besteht. Ihre Zusammensetzung variiert stark, zeichnet sich aber von Anfang an durch einen bedeutenden Anteil von Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft aus.

Für die Schweiz, die sich dank Persönlichkeiten wie Pestalozzi und Piaget selbst als Vorkämpferin der Pädagogie sieht, stellt die UNESCO eine wichtige Tribüne dar. Gewisse Stimmen zögern nicht zu behaupten, der Beitritt des Landes sei eine selbstlose Handlung und die Schweiz habe sich wohltätig gezeigt, so wie es ein Journalist des Journal de Genève 1951 ausdrückt: „Drei Jahre nach ihrem Beitritt zur UNESCO hat die Schweiz, die mehr zu geben als zu empfangen hat, ihre Stimme einbringen und sich sehr rasch einen wichtigen Platz sichern können. Es handelt sich um eine für sie typische Handlung internationaler Solidarität.“

Kurz zuvor anerkennt Max Petitpierre, Vorsteher des Departements für auswärtige Angelegenheiten, dass die Teilnahme des Landes an der UNESCO eine Gelegenheit darstelle, um die Werte der Schweiz dem Rest der Welt und unter den Intellektuellen und Wissenschaftlern besser bekannt zu machen, und vor allem, um Anschluss an die internationale Wissensgemeinschaft zu finden. Die Eidgenossenschaft hat grösstes Interesse daran, mit der neuen Agentur zusammenzuarbeiten, die zu einem Schlüsselinstrument der internationalen Kulturbeziehungen der Nachkriegszeit wird.

Die Mitwirkung des Landes an den Programmen der UNESCO erlaubt es der Schweiz, sich auf der UNO-Ebene einzubringen und gleichzeitig für die technische Zusammenarbeit und den Nord-Süd-Dialog einzusetzen, der immer wichtiger wird. Schon bald stellt die Schweizerische UNESCO-Kommission der Organisation Experten für Hilfsmissionen und Gutachten in der ganzen Welt zur Verfügung. Gewiss handelt es sich dabei um eine Form der Friedensförderung und der Stärkung des interkulturellen Dialogs, aber es geht auch darum, das Bild einer uneigennützigen, fachlich kompetenten und wohlhabenden Schweiz zu verbreiten. (pm)

Quellen

„Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Beitritt der Schweiz zur Organisation der Vereinigten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO)“, in Bundesblatt, 1948, Bd. 2, S. 1223-1246.

Antwort von Max Petitpierre auf die Interpellation Boerlin, 14.6.1951, www.dodis.ch/8741

BAR, Bestand des Politischen Departements: E2001(e), E2003(a), Sekretariat der Schweizerischen UNESCO-Kommission: E900.1

Chloé Maurel, L’UNESCO. Les trente premières années, 1945-1974, Paris, L’Harmattan, 2010.

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