Pro Helvetia erkundet den afrikanischen Kontinent

par Thomas Kadelbach

Thomas Kadelbach, né en 1979. Après des études d'histoire et littérature française à Angers, Fribourg et Madrid, il collabore au projet de recherche FNS Les relations culturelles internationales de la Suisse, 1945-1990. Thèse de doctorat sur Pro Helvetia et l'image de la Suisse à l'étranger. Actuellement collaborateur scientifique à l'Université de Neuchâtel.
, Thomas Kadelbach, born in 1979. Studied history and French literature in Angers, Fribourg and Madrid. Research assistant in the SNSF research project Switzerland's International Cultural Relations, 1945-1990. PhD thesis on Pro Helvetia and the image of Switzerland abroad. Currently scientific collaborator at the University of Neuchâtel.

Plakate
Architektur
Malerei
Orchester
Entkolonialisierung
Afrika

Bis in die 1960er Jahre spielt Afrika kaum eine Rolle in der Schweizer Kulturaussenpolitik, die sich in ihrer Anfangsphase hauptsächlich an die westlichen Industrienationen richtet. Die Abstecher von Pro Helvetia in andere Kulturräume beschränken sich meist auf den Bereich der angewandten Kunst.

Die wenigen Veranstaltungen, die Pro Helvetia zwischen 1945 und 1960 auf dem afrikanischen Kontinent durchführt, finden alle in Südafrika statt. Dabei handelt es sich um eine Plakatausstellung, eine Architekturausstellung und eine Ausstellung von Schulwandbildern, die den Ruf der Schweiz im Bereich der Pädagogie stärken soll.

Die Entkolonialisierung der 1960er Jahre verändert nicht nur die politischen Verhältnisse in Afrika, sondern stellt die mit der kulturellen Präsenz der Schweiz im Ausland beauftragten Institutionen vor neue Herausforderungen. Bei Pro Helvetia beginnt die Neuausrichtung der Kulturgeografie unter der Präsidentschaft Willy Spühlers anfangs der 1970er Jahre und folgt im Grossen und Ganzen den Prioritäten der Schweizer Aussenpolitik. Das erste grosse Projekt im postkolonialen Afrika wird 1971 in Dakar durchgeführt, wo Pro Helvetia unter dem Titel La Suisse présente la Suisse eine allgemeine Ausstellung über die Schweiz organisiert. Diese Veranstaltung umfasst verschiedene Themen wie Architektur und Geschichte und hat zum Ziel, dem Gastland Senegal Werte näherzubringen, die für sein Nation building von Nutzen sein können. Der Schwerpunkt liegt auf der friedlichen Koexistenz verschiedener Sprachgruppen, dem Föderalismus und demokratischen Entscheidungsprozessen. Diese Errungenschaften werden damit zu Schweizer Exportprodukten.

Im künstlerischen Bereich bleibt die Schweizer Präsenz während der gleichen Zeit wesentlich bescheidener. Die wenigen Projekte konzentrieren sich erneut auf Südafrika, wo die Luzerner Festival Strings 1965 dank Finanzhilfe von Pro Helvetia mehrere Konzerte geben. 1970 erhält auch das Ensemble vocal aus Lausanne Unterstützung für eine Südafrikatournee. Dabei setzen die südafrikanischen Partner von Pro Helvetia durch, dass die Stiftung allein für die Kosten von Konzerten aufkommt, die auch der schwarzen Bevölkerung offenstehen. Im postkolonialen Afrika hingegen beschränkt sich Pro Helvetia auf einige punktuelle Initiativen und unterstützt beispielsweise 1972 eine Ausstellung afrikanischer Skizzen von Hans Erni in Niamey.

Erst anfangs der 1980er Jahre entwickeln die Verantwortlichen des Bereichs International Projekte, die auf die Bedürfnisse der afrikanischen Länder zugeschnitten sind und einen gewissen Willen zum Dialog erkennen lassen. 1982 organisiert Pro Helvetia in Marokko, Algerien und Tunesien die Ausstellung Le Maghreb vu par les peintres suisses, die dem Bild des Orients in der Schweizer Malerei gewidmet ist und damit einen Austausch mit den Gastländern ermöglicht. 1988 erhält die Theatergruppe Federlos einen Beitrag für eine Tournee in Nigeria, an der auch einheimische Schauspieler beteiligt sind. Als Fortsetzung dieser Politik eröffnet Pro Helvetia 1988 und 1998 Aussenstellen in Kairo und Kapstadt, die dem kulturellen Dialog mit Afrika endlich eine feste Basis geben. (tk)

Archivbestände
BAR E9510.6 1991/51, Bd. 856, 857
Pro Helvetia, Protokolle Gruppe I

medias

Ein Interview mit Léopold S. Senghor

1971 eröffnet Pro Helvetia mit der Ausstellung La Suisse présente la Suisse in Dakar die Kulturbeziehungen mit der postkolonialen Welt. Léopold Sédar Senghor, erster Präsident von Senegal, betrachtet die Schweiz als Beispiel eines friedlichen Zusammenlebens verschiedener Völker.

Interview des Kurzwellendiensts der SRG, 1977. Archiv Swissinfo, in Zusammenarbeit mit Memoriav

Die angewandte Kunst ebnet den Weg

1953 organisiert Pro Helvetia eine Plakatausstellung in Südafrika.

Bundesarchiv E 9510.6 1991/51, Bd. 321

"La Suisse présente la Suisse"

Die Ausstellung La Suisse présente la Suisse findet 1971 im Musée dynamique in Dakar statt, das vom Neuenburger Ethnologen Jean Gabus konzipiert wurde.

Archiv Pro Helvetia

Léopold S. Senghor trifft Wilhelm Tell

Eröffnung der Ausstellung La Suisse présente la Suisse am 26. November 1971 in Dakar. Der Präsident Léopold Sédar Senghor betrachtet eine Wilhelm Tell-Statue. Im Hintergrund rechts steht Willy Spühler, Präsident von Pro Helvetia.

Archiv Pro Helvetia

"La Suisse présente la Suisse"

Plakat der Ausstellung La Suisse présente la Suisse.

Schweizerische Nationalbibliothek, Plakatsammlung

Der künstlerische Dialog mit Afrika

Hans Erni ist einer der ersten Künstler, der von Pro Helvetia einen Beitrag für eine Ausstellung in Afrika erhält. 1972 zeigt er seine afrikanischen Zeichnungen in Niamey, der Hauptstadt von Niger.

Afrikanische Skizze, 1968

Das Bild Ägyptens in der Schweizer Malerei

In den asiatischen und afrikanischen Ländern organisiert Pro Helvetia bis in die 1980er Jahre nur wenige künstlerische Projekte. Mit der Ausstellung Le Maghreb vu par les peintres suisses versucht die Kulturstiftung 1982, diese Lücke zu füllen und gleichzeitig einen neuen Ausstellungstyp zu schaffen, der sich an nicht-westliche Länder richtet. Die dokumentarisch ausgerichtete Ausstellung hat das Bild des Orients in der Schweizer Malerei zum Thema. 1984 setzt sich diese Politik mit einer analogen Ausstellung in Ägypten fort.

Schweizerische Nationalbibliothek, Plakatsammlung

Der Blickwinkel der Fotografen

Seit den 1970er Jahren ist der Waadtländer Fotograf Luc Chessex an zahlreichen Fotoausstellungen vertreten, die Pro Helvetia im Ausland organisiert. Chessex ist bekannt für seine Fotoreportagen über Lateinamerika und Afrika. Als 25-Jähriger reiste er nach Kuba, wo er fünfzehn Jahre lebte. 1999 schreibt er bezüglich seiner Erfahrungen:

Ich fühlte mich vom Fremden angezogen und wollte vor allem, dass morgen nicht gleich sein würde wie heute. Ich wollte meine Mitmenschen kennenlernen, meine schwarzen, gelben, roten und weissen Brüder. Sie alle sind Passagiere eines gleichen Schiffs, der Erde, und reisen einem gemeinsamen Schicksal entgegen.

Luc Chessex, Mozambique, 1993 © Luc Chessex  

"Afrikanische Skizzen"

Die Ausstellung der Afrikazeichnungen Hans Ernis ist ein Projekt des Neuenburger Ethnologen Jean Gabus, der in den Kulturbeziehungen zwischen der Schweiz und den Ländern Schwarzafrikas eine Vorreiterrolle spielt. Auf diesem Bild stellt Gabus dem Präsidenten Nigers, Jamani Diori, anlässlich der Eröffnung der Ausstellung im Dezember 1972 die Zeichnungen Ernis vor.

Bundesarchiv E 9510.6 1991/51, Bd. 551

"Afrikanische Skizzen"

Mouddour Zaraka, Minister für Nomadenangelegenheiten im Niger, nimmt ebenfalls an der Vernissage teil.

Bundesarchiv E 9510.6 1991/51, Bd. 551

"Afrikanische Skizzen"

Die erste von Pro Helvetia unterstützte Kunstausstellung im postkolonialen Afrika findet im Nationalmuseum von Niamey in Niger statt.

Bundesarchiv E 9510.6 1991/51, Vol. 551

"Afrikanische Skizzen"

Am 22. Dezember 1972 berichtet die Zeitung Le Temps du Niger über die von Pro Helvetia organisierte Ausstellung.

Bundesarchiv E 9510.6 1991/51, Bd. 551

neu

Der „zweite Weg“ für die Dritte Welt

1970 bis 2000

Ethnographische Museen nehmen ihrem Wesen gemäss an den Kulturbeziehungen eines Landes teil.

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1916 bis 1976

Lange ist die Schweiz ein Auswanderungsland, das seine Bewohner in Zeiten wirtschaftlicher Schwier

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Mit Vorliebe nutzt ihn die Schweizer Kulturdiplomatie, um das Bild der alpinen Idylle, der Schweiz

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Ein junger Historiker durchdenkt die kulturelle Ausstrahlung der Schweiz

1946

Pro Helvetia wird 1939 gegründet, um einen Beitrag an die kulturelle Selbstbehauptung zu leisten.

Architekten zeichnen die Pläne der ersten Kulturbeziehungen zwischen der Schweiz und Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg

1945

Nach dem Krieg ist die Frage der Kulturbeziehungen mit Deutschland ein offizielles Tabu.

Die Anfänge des Schweizer Pavillons an der Cité internationale universitaire

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Der Schweizer Pavillon an der Cité internationale universitaire von Paris befindet sich  an der Sc

Pro Helvetia, Männer... und Frauen!

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Pro Helvetia besteht vor allem aus einem Stiftungsrat mit 25 Mitgliedern und einem ständigen Sekre

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1946

„Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert