Plakatausstellungen: die Ästhetik des Nützlichen

par Thomas Kadelbach

Thomas Kadelbach, né en 1979. Après des études d'histoire et littérature française à Angers, Fribourg et Madrid, il collabore au projet de recherche FNS Les relations culturelles internationales de la Suisse, 1945-1990. Thèse de doctorat sur Pro Helvetia et l'image de la Suisse à l'étranger. Actuellement collaborateur scientifique à l'Université de Neuchâtel.
, Thomas Kadelbach, born in 1979. Studied history and French literature in Angers, Fribourg and Madrid. Research assistant in the SNSF research project Switzerland's International Cultural Relations, 1945-1990. PhD thesis on Pro Helvetia and the image of Switzerland abroad. Currently scientific collaborator at the University of Neuchâtel.

Plakate
Konkrete Kunst
design

In der kulturellen Auslandpräsenz der Schweiz nimmt die Gebrauchsgrafik von Anfang an einen bevorzugten Platz ein. Im Katalog einer in den 1950er Jahren in zahlreichen Ländern gezeigten Plakatausstellung hält Pro Helvetia sogar fest, dass die grafischen Künste diejenige Richtung sind, in der der Schweizer Charakter am glücklichsten zum Ausdruck kommt. Spiegelt sich die Identität der Schweiz demnach in Werbeplakaten?

Ein kurzer Blick auf die Kunstgeschichte bestätigt die Affinitäten der Schweizer Künstler zur Gebrauchsgrafik. Auch wenn sich die Plakatkunst in der Schweiz später entwickelt als in den Nachbarländern, entdecken zahlreiche Maler anfangs des 20. Jahrhunderts das künstlerische Interesse an Plakaten. Der bekannteste unter ihnen ist Ferdinand Hodler, der 1904 für eine Ausstellung der Wiener Künstlerbewegung Secession ein von einer symbolistischen Formensprache geprägtes Plakat schafft. Gemäss dem Kunsthistoriker Jean-Charles Giroud bildet sich der sogenannte „Schweizer Stil“ in der Plakatkunst allerdings erst in den 1930er und 1940er Jahren heraus. Der Aufschwung der Schweizer Grafik erklärt sich insbesondere durch die 1933 erfolgte Schliessung des deutschen Bauhauses.

Zahlreiche in die Schweiz emigrierte oder zurückgekehrte Künstler führen die ästhetischen Recherchen des Bauhauses fort und sorgen für eine tiefgreifende Erneuerung der Plakatkunst. Unter dem Einfluss der geometrischen Abstraktion und der konkreten Kunst rückt eine Formensprache in den Mittelpunkt, die auf jegliche Ornamentik verzichtet. Gleichzeitig streben die den Prinzipien des Bauhauses verpflichteten Künstler nach einer Überwindung der Trennung zwischen Kunst und Handwerk. Damit ist das Plakat nicht mehr nur ein Werbeträger für eine Veranstaltung oder ein Produkt, sondern spiegelt auch ein auf der Demokratisierung der Kunst beruhendes Gesellschaftsideal.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzen hauptsächlich in Basel und Zürich zahlreiche Künstler die Arbeit der Pioniere der Zwischenkriegszeit fort. Sie entwickeln einen Plakatstil, der von einfachen Symbolen, typografischen und chromatischen Studien und der Abkehr vom Gegenständlichen geprägt ist. Seit den frühen 1940er Jahren zeichnet das Departement des Innern jährlich die besten Schweizer Plakate aus und verleiht damit der Gebrauchsgrafik einen offiziellen Status.

Die internationale Anerkennung des „Schweizer Stils“ macht die Plakate zu einem attraktiven und kostengünstigen kulturellen Exportprodukt. Zwischen 1950 und 1980 sendet Pro Helvetia jährlich mehrere Plakatausstellungen an teilweise weit entfernte Orte, wo sie die innovativen Charakter der Schweizer Grafiker veranschaulichen sollen. In der ausländischen Wahrnehmung der Schweiz festigen die Plakatausstellungen die Stereotypen der Qualitätsarbeit und der formalen Vollendung, die üblicherweise mit dem Herkunftslabel Swiss made in Verbindung gebracht werden. (tk)

Archivbestände
BAR E9510.6 1991/51, Bd. 320, 321, 322, 425

Literaturhinweise
Giroud, Jean-Charles: Les artistes suisses et l’affiche, un siècle de fascination et de confrontation, Neuenburg, Association des amis de l’affiche suisse 2001

medias

Niklaus Stöcklin

Plakat von Niklaus Stöcklin, 1923. Niklaus Stöcklin ist der wichtigste Schweizer Vertreter der Neuen Sachlichkeit.

Artikel über Niklaus Stöcklin in der Datenbank Sikart: http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4001719

© Pro Litteris

Jean Tinguely

Plakat von Jean Tinguely für die 700-Jahrfeier der Eidgenossenschaft, 1991.

Artikel über Jean Tinguely in der Datenbank Sikart: http://www.sikart.ch/kuenstlerinnen.aspx?id=4022334

© The Niki Charitable Art Foundation / 2011, Pro Litteris, Zurich

Dieter Roth

Plakat von Dieter Roth für seine Ausstellung im Helmhaus, 1981

Artikel über Dieter Roth in der Datenbank Sikart: http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4000336

Dieter Roth Estate Courtesy Hauser & Wirth  

Herbert Leupin

Plakat Swissair von Herbert Leupin, 1949.

Artikel über Herbert Leupin in der Datenbank Sikart: http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4000313

© Collection Leupin

Max Bill

Max Bill leitet mit seinen Arbeiten eine tiefgreifende Erneuerung des künstlerischen Plakats ein. In seinen Werken bestimmen mathematische Überlegungen die Beziehungen der verschiedenen Bestandteile zueinander. Bills Arbeit ist charakteristisch für den Schweizer Stil in der Plakatkunst, der in den 1950er Jahren eine grosse internationale Wirkung entfaltet.

Artikel über Max Bill in der Datenbank Sikart: http://www.sikart.ch/KuenstlerInnen.aspx?id=4000286

Amnesty International, 1977

© Pro Litteris

Johann Handschin

Plakat Silvaplana von Johann Handschin, 1934. Die Tourismuswerbung begünstigt in der Schweiz die Entwicklung der Gebrauchsgrafik.

Schweizerische Nationalbibliothek, Plakatsammlung

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