Jean Piaget und die UNESCO

par Pauline Milani

Pauline Milani est historienne. Après une thèse sur la politique culturelle de la Suisse à l'étranger, elle travaille maintenant sur les artistes femmes du XIXème siècle. Elle enseigne à l'Université de Fribourg et à UniDistance.

Bildung
Wissenschaft
UNESCO

Unter den oft verbreiteten Bildern der Schweiz findet sich dasjenige des Landes der Pädagogen, mit Pestalozzi und Rousseau als illustre Vertreter. Besonders wirksam erweist sich dieses Bild in kritischen Augenblicken, wenn es darum geht, die moralischen Beiträge der Schweiz an die europäische oder sogar weltweite Kultur herauszustreichen. Professor Jean Piaget nimmt im pädagogischen Bild der Schweiz einen wichtigen Platz ein. Ausserdem ist er ein wichtiger Akteur der Schweiz in der UNESCO.

Ab 1942 diskutieren die Bildungsminister der alliierten Staaten über die Einrichtung einer internationalen Vereinigung für die Kultur und die Wissenschaft, ein Vorhaben, das in der Folge als UNESCO konkretisiert wird. Die Schweiz wird an diese ersten Treffen nicht eingeladen. Gewisse Persönlichkeiten spielen allerdings eine wichtige Rolle im Hintergrund. Zu ihnen gehört Jean Piaget, Professor für Soziologie und Psychologie an der Universität Genf. Als Direktor des Bureau international de l’Education von 1929 bis 1969 verfolgt Jean Piaget die verschiedenen Etappen als Beobachter. Der in den internationalen Wissenschaftskreisen bekannte Schweizer nimmt an der Vorbereitungskonferenz der UNESCO teil, die im November 1945 in London stattfindet. Der Bundesrat wird nicht eingeladen, aber er beauftragt Professor Piaget, die Schweiz an diesem wichtigen Treffen so gut wie möglich zu vertreten.

Jean Piaget ist eine der wichtigsten Triebkräfte in diesem ersten Kapitel der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der UNESCO. Seine Arbeit als Pädagoge und erster Direktor des Bureau international de l’Education verschaffen ihm grosse Anerkennung unter den Männern und Frauen, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit die UNO-Agentur gründen. Sein Werk umfasst die Disziplinen Soziologie, Psychologie und Philosophie und ist international bekannt. Seine auf Französisch verfassten Bücher werden in kurzer Zeit auf Englisch übersetzt, und Piaget erhält 1936 von der Universität Harvard den ersten seiner insgesamt 36 honoris causa-Doktortitel. Heute steht fest, dass seine Arbeiten die Geisteswissenschaften dauerhaft geprägt haben, auch wenn er hauptsächlich als Spezialist der Entwicklung des Kindes bekannt ist.

Jean Piaget hat 1945 eine so grosse Ausstrahlung, dass er sich als Verbindungsperson zwischen den Bundesbehörden und der UNESCO geradezu aufdrängt. 1949 wird er zum Präsidenten der Schweizer UNESCO-Kommission ernannt, die er bis 1952 leitet. Er übernimmt auch sechsmal in Folge den Vorsitz der Schweizer Delegation für die Generalkonferenz der Organisation, 1948 in Beirut, 1949, 1951, 1952 und 1953 in Paris, sowie 1950 in Florenz. Zwischen 1950 und 1954 ist er zudem Mitglied des Exekutivrats der UNESCO.

Nach seiner Berufung an die Sorbonne in Paris tritt Jean Piaget als Präsident der Schweizer UNESCO-Kommission zurück, da er mehr Zeit für seine wissenschaftlichen Forschungen aufwenden muss. Sein Rücktritt steht auch in Verbindung mit der Ernennung des Amerikaners Luther Evans zum Generaldirektor der UNESCO, dessen Kandidatur er erbittert bekämpft hat. Evans und Piaget verkörpern zwei gegensätzliche Visionen der UNESCO, von denen die eine den Regierungen und den diplomatischen Verhandlungen, die andere der Zivilgesellschaft mehr Gewicht einräumt.

Der Bundesrat ist sich des internationalen Rufs des Professors bewusst und ersucht ihn, auch nach seinem Rücktritt als Präsident Mitglieder der Schweizer UNESCO-Kommission zu bleiben. Der Pädagoge willigt ein und führt seine Mitarbeit bis 1958 fort.

 

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