San Antonio, 1968: "Der Vogel der Zwietracht"

par Thomas Kadelbach

Thomas Kadelbach, né en 1979. Après des études d'histoire et littérature française à Angers, Fribourg et Madrid, il collabore au projet de recherche FNS Les relations culturelles internationales de la Suisse, 1945-1990. Thèse de doctorat sur Pro Helvetia et l'image de la Suisse à l'étranger. Actuellement collaborateur scientifique à l'Université de Neuchâtel.
, Thomas Kadelbach, born in 1979. Studied history and French literature in Angers, Fribourg and Madrid. Research assistant in the SNSF research project Switzerland's International Cultural Relations, 1945-1990. PhD thesis on Pro Helvetia and the image of Switzerland abroad. Currently scientific collaborator at the University of Neuchâtel.

Folklore
USA
Demokratie

1968 beteiligt sich die Schweiz an der internationalen Ausstellung Hemisfair, die in San Antonio in Texas USA stattfindet. Der von Pro Helvetia in Zusammenarbeit mit der Schweizer Zentrale für Handelsförderung realisierte Pavillon steht im Zeichen des Humors und soll das den Amerikanern vertraute Bild der Schweiz von einer überraschenden Seite zeigen. Wichtigster Bestandteil der Inszenierung ist ein riesiger Vogel aus Metall im Stile Tinguelys, der langsam seine Flügel auf und ab bewegt und in der Mitte des Ausstellungspavillons schwebt. Gesteuert wird er von Wilhelm Tell, der die Runde mit einem Fernrohr überblickt und als Passagier Jean-Jacques Rousseau mit sich führt.

Der Pressedienst von Pro Helvetia versteht dieses ungewohnte Bild der Schweiz als Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Dynamik des Fortschritts. Der gelockerte Umgang mit den nationalen Symbolen steht im Zeichen der kulturellen Öffnung der 1960er Jahre und der Abkehr von den didaktischen Inszenierungen der Geistigen Landesverteidigung. Auch wenn der Schweizer Pavillon die traditionellen Werte in keiner Weise in Frage stellt, ruft Pro Helvetias Spiel mit deren wichtigsten Bestandteilen die Kritik der Auslandschweizer hervor, deren Position teilweise bei den diplomatischen Vertretungen auf Verständnis stösst.

Auch der Verantwortliche des Pavillons vor Ort hält wenig von der Inszenierung seines Landes: Das Schweizer Pavillon hat leider unsere schlimmsten Befürchtungen übertroffen, es ist wirklich schade, dass man meines Erachtens nicht einmal das Haupt-Thema […] verstanden hat, und statt dessen einen Salat serviert hat, der vermutlich nebst […] den Herren der Pro Helvetia niemandem gefällt.

An der Ausstellung Hemisfair sorgt nicht nur Pro Helvetias Riesenvogel, sondern auch das Rahmenprogramm der Schweizer Beteiligung für Konfliktstoff. Während die Schweizer Botschaft in Washington den 1. August mit einer traditionellen Folkloredarbietung begehen will, setzt sich die Kulturstiftung vergeblich für einen Sketch des Clowns Dimitri ein.

Die Schweizer Beteiligung an der Ausstellung Hemisfair zeugt von den unterschiedlichen Auffassungen in Bezug auf das Bild, das die Schweiz im Ausland über kulturelle Veranstaltungen vermittelt. An der Weltausstellung in Sevilla kommen 1992 ähnliche Gegensätze zum Ausdruck. Die Konsequenz ist, dass die Gestaltung der Weltausstellungspavillons in die Hände der 1999 gegründeten Bundesagentur Präsenz Schweiz gelegt wird und Pro Helvetia nur noch kulturelle Rahmenprogramme beiträgt. (tk)

Archivbestände
BAR E 2003 (A) 1980/85, Bd. 326

medias

Hemisfair, San Antonio 1968

Plakat der Ausstellung Hemisfair, 1968.

Schweizerische Nationalbibliothek, Plakatsammlung

Die Wiege der Demokratie

Die Schweizer Demokratie besteht schon 1291. Wandbild im Schweizer Pavillon in Hemisfair, 1968.

Archiv Pro Helvetia

"Switzerland sets the measure"

Die Schweizer Teilnahme an der Ausstellung Hemisfair steht unter dem Slogan In the world of time, Switzerland sets the measure.

Archiv Pro Helvetia

Der Bau des Pavillons

Vorbereitung der Wandbilder des Schweizer Pavillons in San Antonio.

Archiv Pro Helvetia

Der Vogel der Zwietracht

Der von René Creux gestaltete Riesenvogel löst eine Polemik über das Bild der Schweiz im Ausland aus. Er ist die wichtigste Installation des Schweizer Pavillons in San Antonio.

Archiv Pro Helvetia

Die touristische Schweiz

Pro Helvetia stellt den Besuchern der Ausstellung Hemisfair eine Informationsbroschüre über die Schweiz zur Verfügung. Die Illustrationen von René Creux präsentieren die üblichen Schweizer Klischees in einer humorvollen Art.

Bundesarchiv E 2003 (A) 1980/85, Bd. 326

neu

Der „zweite Weg“ für die Dritte Welt

1970 bis 2000

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Die Auslandschweizer im Dienst der kulturellen Ausstrahlung

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Mit ihrem Beitritt zur UNESCO fügt sich die Schweiz nicht nur in eine Spezialorganisation der UNO

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Mit Vorliebe nutzt ihn die Schweizer Kulturdiplomatie, um das Bild der alpinen Idylle, der Schweiz

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Ein junger Historiker durchdenkt die kulturelle Ausstrahlung der Schweiz

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Nach dem Krieg ist die Frage der Kulturbeziehungen mit Deutschland ein offizielles Tabu.

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1925 bis 1933

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Pro Helvetia, Männer... und Frauen!

1939 bis 2012

Pro Helvetia besteht vor allem aus einem Stiftungsrat mit 25 Mitgliedern und einem ständigen Sekre

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1946

„Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert