Amerikanische Besucher der Nachkriegszeit
In der Nachkriegszeit ist die Reise in die Schweiz eine amerikanische Angelegenheit. Zwischen 1945 und 1947 besuchen über 300‘000 in Italien, Deutschland und Frankreich stationierte G.I.‘s im Rahmen der United Stations Leave Action das Alpenland. Das Unternehmen ermöglicht es nicht nur den Schweizer Hoteliers, ihre zu diesem Zeitpunkt leer stehenden Häuser zu füllen, sondern erweist sich auch als effiziente Werbeaktion für das Bild der Schweiz in den USA. Die Reiseerlebnisse der Soldaten finden Eingang in Artikel und Bücher und werden über den Kurzwellensender der SRG verbreitet, der den Gästen zur Übermittlung ihrer Grüsse zur Verfügung gestellt wird. 1950 schliesslich macht die von der Praesens AG produzierte Filmkomödie Swiss Tour die Urlaubsreisen der US-Soldaten zu einem Kinoerlebnis. Der Film bemüht die gängigen Schweizer Klischees zu den Berglandschaften, der ländlichen Idylle und der technische Präzisionsarbeit. Gleichzeitig festigt er den Mythos der Schwesterrepubliken und der immerwährenden Freundschaft zwischen der „ältesten“ und der „grössten“ Demokratie der Welt.
In einer ähnlichen Charmeoffensive bemühen sich die Bundesbehörden nach dem Ende des Krieges, Medienschaffende aus den USA in die Schweiz einzuladen. Am 1. Juni 1946 treffen elf amerikanische Journalisten in Basel ein und absolvieren anschliessend ein Besuchsprogramm, das neben politischen Gesprächen zahlreiche touristische Ausflüge umfasst. Trotz der grossen Bedeutung dieser Reise für die offizielle Schweiz bleibt das Resultat wegen zahlreicher Missgeschicke hinter den Erwartungen zurück. In Lugano werden die Journalisten von einem Mitunterzeichner der Erklärung der 200 empfangen, die 1940 die Anpassung der Schweiz an das von den Achsenmächten dominierte Europa forderte. Angesichts der Not in den Nachbarländern stossen auch die Diners in Nobelhotels auf wenig Begeisterung. In den von den amerikanischen Journalisten nach ihrer Rückkehr veröffentlichten Artikeln kommen diese Negativpunkte deutlich zum Ausdruck. In einem von der Zeitung The New York Sun am 11. Juni 1946 veröffentlichten Artikel veranschaulichen die gut genährten Mastschweine im Kanton Bern den Kontrast zwischen dem Schweizer Überfluss und dem europäischen Elend.
Während der Nachkriegszeit greift auch die 1946 in New York von Schweizer Unternehmen gegründete American Society for Friendship with Switzerland zur Reise in die Schweiz, um ihre Lobbyarbeit zu verstärken. 1949 organisiert sie an über tausend amerikanischen High Schools einen Wettbewerb und belohnt den besten Aufsatz über ein Schweizer Thema mit einem Flugticket der Swissair. Als Preise winken ebenfalls mehrere Schweizer Uhren. Die vorgeschlagenen Aufsatzthemen stehen im Einklang mit den Prioritäten der Schweizer Propaganda in den USA und beziehen sich auf die Neutralität, die Geschichte der Schweizer Demokratie, die Verwandtschaft zwischen dem politischen System der Schweiz und der USA und die kulturellen Errungenschaften des Alpenlandes. (tk)
Archivbestände
BAR E2001(E) 1968/78, Vol. 52
AFS E2200.52 8, Vol. 6
Literaturhinweise
Hauser, Claude: Heidi et les G.I.'s : une rencontre sur l'Alpe et ses enjeux pour la Suisse de l'immédiat après-guerre, in : Valsangiacomo Nelly (Hrsg.), Les Alpes et la guerre : fonctions et images, Lugano, Casagrande 2007, S. 331-350